Die Kinder sind in innerer Aufruhr. Jedes auf seine Art. Alle kommen zu mir, so wie es ihre Termine erlauben. Das Jüngste lebt ja ohnehin noch bei mir in Hamburg. So sitzen wir ganz nah aneinander gekuschelt, weinen auch zusammen. Angst und Unmut bekommen Raum, genauso wie all die Liebe, die uns verbindet.
Unklar ist, was mit mir passieren wird durch diese Erkrankung. Fest steht, wenn ich nichts mache, bleiben mir vermutlich ein bis zwei Jahre, in einem sich zunehmend verschlechternden Zustand. Es drohen Infektionen, Nierenversagen, Lungenentzündung – letztlich stürbe ich dann daran.
Es ist schwer mit den Kindern darüber zu reden, dass es eine Option ist, mich nicht behandeln zu lassen, sondern das Leben jetzt sofort voll auszukosten. Sofort, wenn der Tumor verstrahlt und sein aktives Wachstum gestoppt ist, nach Siracusa umzuziehen. Ich habe Angst, dass mich eine Chemotherapie so runterrockt, dass ich zu geschwächt bin, um wirklich noch zu leben. Ich habe zu viele Patientinnen und Patienten erlebt, denen ich lieber zugerufen hätte: Lass das sein mit der Chemo, lebe lieber kürzer, aber dafür intensiv und tu alles, was Du immer tun wolltest. Das gilt doch auch für mich?!
Wir schaffen es, auch das zu denken, auszusprechen, auszuhalten. Auszuhalten, dass mein Tod im Raum steht und unsere Trauer, darüber, dass ich viel zu früh sterben werde. Ich bin ja noch nicht mal Großmutter, mein Sohn macht erst im nächsten Jahr sein Abitur. Ich habe ihm ohnehin versprochen, ihn durch die Prüfungen zu füttern. Das sollte ich wohl schaffen.
Meine Älteste ist völlig verstört und tief erschüttert. Sie beliest sich, nimmt online an einer Selbsthilfegruppe für Angehörige teil. Meine mittlere Tochter zieht sich in sich zurück, wie sie es immer tut, wenn es hart auf hart kommt – und das tat es in ihrem jungen Leben schon viel zu oft, weil sie selbst so lange an einer Autoimmunerkrankung litt. Mein sechszehnjähriger Sohn sucht plötzlich wieder sehr viel Nähe, verbringt viele Abende mit seine Laptop neben mir auf Bett oder Sofa. Es erscheint mir leichter zu sein für ihn, weil er mich jeden Tag unmittelbar erlebt. Auch lustige und unbeschwerte Momente mit mir teilt. Sich aus der Ferne zu sorgen, ist viel verunsichernder und beängstigend. Aber genau weiß ich das alles nicht. Nur dass die Kinder Angst um mich haben und ich ihnen das so gerne ersparen würde. Wir alle werden unsere Bewältigungsstragegien immer wieder neu suchen, verwerfen und anpassen müssen.
Das alles steht im Raum, das alles belastet uns nun, aber es verbindet uns auch. Die Kinder rücken wieder wesentlich näher an mich, aber auch aneinander heran. Eigentlich waren alle gerade auf ziemlich guten Wegen in ihre eigenen Leben: erfolgreich, motiviert, neugierig. Das hier wirft erst mal alles über den Haufen und als solcher liegen wir quer auf meinem Bett. Es zerreißt ihnen die Herzen, aber unisono bekunden sie: Es ist Dein Leben, Mama. Du sollst es nicht für uns leben, sondern für Dich. „Du hast Deine Wünsche so lange hinten angestellt und jetzt, wo Du noch mal loslegen wolltest, endlich im Süden leben und schreiben, wirst Du so krank. Das ist nicht fair!“ Meine Älteste spricht es aus. Ich selbst war noch gar nicht so weit, das zu denken. Natürlich hat sie recht.
Ich darf sagen, was mir wirklich wichtig ist: Der brennende Wunsch noch einmal, und zwar so schnell wie möglich, auf meinen geliebten Felsen an der Ortigia zurückzukehren. Und dann nimmt die Idee Form an, dass wir das alle zusammen machen. Im März, wenn die Hamburger Frühjahrsferien meines Sohnes mit den Semsterferien meiner Töchter zusammenfallen.
2 Antworten
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Meine Diagnose erhielt ich 04/2022, war wegen Nierenverasgen im Krankenhaus und wegen Corona durften auf die Onkologie Station keine Besucher, so habe ich meine Jungs 15 und 17 nicht gesehen, konnte nur per Telefon mit ihnen sprechen und weinen, auch die Diagnose ihnen mitteilen musste mein Mann, alles kam aus heiterem Himmel und veränderte unser Leben komplett. Es gibt ein davor und ein danach und es wird nie wieder so sein wie früher. Ich habe mir Ziele gesetzt, der 18. Geburtstag von Adrian, meinen 50. Geburtstag und den 10 er Abschluss von Henry wollte ich erleben. Es gibt immer neue Ziele, das Abi von Adrian, wieder nach Malle fliegen. Aktuell bin ich in remission, Knochenschmerzen quälen mich dennoch und ich bin in der Konsolidierungstherapie. Dir wünsche ich alles Gute!